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Julius Maximus

Über das Gründen eines eigenen Labels - Ideen, Gedanken und Inspiration



Es ist schon fast frühlingshaft warm, als ich mich auf den Weg mache, um Julius Maximus zu treffen. Aufgrund der aktuellen Corona Regelungen treffen wir uns mit ausreichendem Abstand in Jena auf dem zentral gelegenen Friedensberg. Ich sehe sie schon von Weitem kommen. Ihr pinker Kaffeebecher sticht bei ih- rer ansonsten schwarz, weiß und grauen Klei- dung heraus. Auf ihrer Mütze ist ihr Logo auf- genäht. Julius Maximus. Homemade street- wear and art steht neben einem abstrakten Gesicht aus nur einer Linie. Mir fällt ein Sticker mit dem gleichen Gesicht auf ihrer Jacke auf und auch ihre weißen Sneaker sind mit schwarzen Linien bemalt, welche sich bei näherem Hinsehen ebenfalls als Gesichter herausstellen. Ich frage nach und es stellt sich heraus, dass sie die Schuhe selbst bemalt hat. Wir set- zen uns auf eine Bank und während sie sich eine Zigarette dreht, schauen wir auf das Stadtzentrum von Jena herunter. Julia Trensch wohnt mittlerweile schon seit sechs Jahren hier. Aufgewachsen ist sie in Sachsen, wo sie später auch ihre allgemeine Hochschulreife gemeinsam mit einer Ausbil- dung zur gestaltungstechnischen Assistentin abgelegt hat. In Jena hat sie schließlich Sozio- logie im Bachelor und Bildung, Kultur und Anthropologie im Master studiert. Damals wusste sie noch nicht, dass sie während des Studiums ihr eigenes Unternehmen gründen würde. 2017 hat sie begonnen auf Instagram ihre One Line Art (siehe Infobox) zu posten. Auf Instagram sind ihr einige Künstler*innen auf- gefallen, die ihre Designs auf Kleidung drucken und hat damit schließlich ebenfalls angefangen. In ihrer Ausbildung hat sie den Siebdruck kennengelernt und verwendet diesen nun, um ihre Stoffe zu bedrucken. Bereits seit 2018 ver- kauft sie ihre Designs auf Kleidung oder Ta- schen gedruckt. Bevor Julia ihren Business Account auf Instagram erstellt hat, hieß schon ihr privates Profil maximus.julius. Auf die Idee für den Namen ist sie durch eine Serie gekommen, in der sich ein Charakter ähnlich genannt hat. „Dann fand ich, Julius Maximus klingt richtig gut“. Ihr gefällt es, ein männliches Synonym zu haben und sie hat schon vorher gerne mit "Gruß und Kuss dein Julius" unterschrieben. Maximus bedeutet für sie „das Beste aus sich herausholen“. Erst durch den Rat ihres Vaters entschied sie sich dafür, ihr Unternehmen anzumelden und den Namen Julius Maximus für ihr Label zu schützen.





ONE LINE ART Als One Line Art bezeichnet man eine Kunstform, bei welcher die Zeichnungen aus nur einer einzelnen Linie entstehen. Dabei wird der Stift nicht abgesetzt, um mit einer neuen Linie zu beginnen. Stattdessen gibt es nur einen Anfang und ein Ende. Es entstehen Zeichnungen, welche die Essenz einer komplexen Form auf mi- nimalistische Art und Weise einfangen.


„Das kann jeder zuhause machen, wissen tun das wahrscheinlich aber nur wenige.“

Ideen für neue Designs kommen ihr spontan. "Dann kann auch mal eine Zeit lang nichts Neues kommen." Wenn sie eine Idee hat, setzt sie diese um. Ihre weniger akkuraten Designs zeichnet sie mit der Hand und fotografiert diese anschließend ab, um sie am PC nochmal zu überarbeiten. Die sehr detaillierten Designs erstellt sie direkt am PC. Sobald die Motive fer- tig sind, werden sie auf Klarsichtfolien gedruckt. Die Folien benötigt Julia, um beim Siebdruck die Rahmen zu belichten. Dafür wird das feine Sieb, welches in die Rahmen gespannt ist, mit einer blauen Emulsion beschichtet. Diese Emulsion ist sehr lichtempfindlich. Erst wenn sie getrocknet ist und die Folie auf ihr platziert wurde, wird der Rahmen mit einem Strahler belichtet. Dabei härten die Stellen außerhalb des Motives aus. Anschließend wird der Rahmen ausgespült und nur an den Stellen, an die kein Licht herankam, löst sich die Emulsion wieder. Dadurch entsteht die Schablone mit dem Motiv für den Druck. Für Julius Maximus ist Siebdruck ein sehr bewährtes Verfahren, da man mit wenig Platz damit arbeiten kann. Sie hat keinen eigenen Laden oder eine eigene Werkstatt. Stattdessen macht sie alles in ihrer kleinen WG. Dort lebt sie mit ihren zwei Mitbe- wohner*innen. Das Arbeiten in der eigenen Wohnung ist zwar aufwändiger, da vor dem Drucken und Belichten alles aufgeräumt werden muss, der finanzielle Aufwand und das finanzielle Risiko bleiben dabei jedoch gering. In ihrem eigenen Zimmer lagert sie einen Bestand an neuer und unbedruckter Kleidung. Da sie nur einheitliche Schnitte und wenige Farben verwendet, ist dieser noch relativ überschaubar. Die bedruckte Kleidung legt sie schließlich zum Trocknen auf den Betten ihrer Mitbewohner*innen ab.



„Ich verstehe die ganze Modeindustrie nicht.“

Julius Maximus® steht für Nachhaltigkeit. So achtet Julia bei ihren Arbeitsprozessen darauf, kein Material zu verschwenden, und nur fair produzierte Kleidung zu bedrucken. Die Rahmen für den Siebdruck sind wiederverwendbar und können so über die Zeit hinweg als Schab- lone für viele verschiedene Motive dienen. Auch bedruckt sie ihre Kleidung nicht, wie in der Modeindustrie üblich, im Vorhinein,sondern sie wartet auf die Bestellungen und druckt erst dann. Dadurch wäre es ihr möglich, die Kleidung aus ihrem Bestand auch unbedruckt weiterzuverkaufen, wodurch sie ein geringeres Verlustrisiko eingeht. Häufig wartet sie, bis mehrere Bestellungen zusammengekommen sind. Das kann manchmal ein paar Tage dauern, aber da beim Siebdruck mit überschüssiger Farbe gearbeitet wird will sie warten, bis sich der Farbüberschuss ausreichend reduziert. Vor allem der Aspekt der Nachhaltigkeit ist mittlerweile einer der wichtigsten Punkte, weshalb sie ihr Unternehmen weiter- führt.

„Ich würde am liebsten niemals irgendwas professionell machen lassen, sondern immer nur von Leuten, die sich selbst gerne ausprobieren“

Dass man heutzutage die Möglichkeit hat, ohne professionelle Ausbildung ein Unternehmen zu gründen und seine Ideen umzusetzen, begeistert sie. „Manchmal kann ich das gar nicht so richtig fassen. Und nach außen wirkt es immer professioneller als es eigentlich ist“. Julius Maximus bezeichnet sich gerne mal als unprofessionell. Damit will sie nicht ihre Arbeit abwerten, sondern aufzeigen, dass sie sich alles selbst beigebracht hat. In der Schule hat sie zwar die Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin abgeschlossen, jedoch wa- ren die, für sie mittlerweile relevanten Inhalte, damals nur Nebenfächer. Ihre Webseite wurde ihr von ihrem Mitbewohner geschenkt, der daraufhin auch ihren Onlineshop einrichtete. Mittlerweile betreut sie die Webseite selbstständig. Auch die Fotos ihrer Produkte lässt sie von Freunden und Bekannten machen, die sich mit der Fotografie als Hobby auseinandersetzen. Generell will sie Leute dazu anregen, kreativ zu werden. Sie meint, sie sehe momentan eine Hobbylosigkeit der Generation. Das Problem bestehe vor allem darin, dass alle das Gefühl hätten, sie könnten irgendetwas nicht. Dabei könne man so vieles machen. Man müsse einfach nur anfangen und dürfe nicht den Anspruch haben, alles von Beginn an perfekt umzusetzen. Sie selbst habe sehr viele Fehler gemacht, die sich wahrscheinlich hätten vermeiden lassen, hätte sie sich vorher intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt. Zu Julias Arbeitsweise gehört es, mit ihren Fehlern umzu- gehen und daraus zu lernen. Ihr gesamtes Unternehmen ist für sie ein Prozess, an dem sie mitwächst. Für sie ist der Weg der Sache wegen und nicht des Geldes wegen schöner.


„Wenn ich das wegen des Geldes machen würde, hätte ich schon seit einem Jahr wiederaufgehört“,

meinte sie mit einem Lachen im Gesicht, während sie einen weiteren Zug von ihrer Zigarette nimmt. Auch jetzt ist sie noch lange nicht am Ende des Weges angelangt. Sie hat sich eine Frist von zwei Jahren gesetzt, um ihr Unternehmen so weit auszubauen, dass sie davon gut leben kann. Sobald es unter der Corona-Pandemie wieder möglich ist, will sie Workshops anbieten. Falls sich Julius Maximus hauptberuflich jedoch nicht rechnet, wird sie es auf jeden Fall als Hobby weiterführen und hofft, dass sie darüber im sozialen Bereich tätig werden kann. „Kunst ist für mich Alles und Nichts und vor allem Intuition.“ Julia Trensch war schon als Kind begeistert am Basteln. Die Begeisterung daran, mit den eigenen Händen was zu erschaffen, hat sich bis heute gehalten. „Ich sehe in allem immer noch einen Wert und denke, daraus könnte man noch was Cooles machen.“ Um etwas realistisch darzustellen braucht auch sie ihre Skizzen und Hilfsmittel. Deswegen würde sie sich eher als Macherin und nicht als „intuitive Künstlerin mit Supertalent“ bezeichnen. „Ich mache einfach gerne und bin gerne kreativ“ ist ihr Fazit diesbezüglich. Ihre Inspiration findet sich auch in ihrem Stil wieder. Fasziniert ist sie von Menschen, Formen, Mustern und Schatten. Vor allem die Muster und Kontraste, die durch die Reduktion auf einzelne Linien und das Drucken mit Schwarz und Weiß entstehen, finden sich in ihrem Stil wieder. „Ich bin wirklich nicht minimalistisch. Meine Wohnung sagt alles andere als das.“, sagt sie lachend. Für sie liegt der Reiz dieses minimalistischen Stils in der Kon- zentration auf nur eine Sache. „Für mich ist das vor allem sowas wie Therapie. Wenn ich mit vielen Strichen male, dann übertreibe ich manchmal. Dann komme ich nicht zum Punkt. Wenn du nur eine Linie hast, dann hast du dei- nen Fokus nur auf dieser einen Sache und bist konzentrierter dabei und hast nicht diese vielen Auswahlmöglichkeiten.“




„Ich will es nicht feiern bzw. glorifizieren, aber ich will da einfach so ein paar provokative Statements setzen.“

Ob sie mit ihren Designs etwas vermitteln möchte, weiß sie nicht. Einige Designs könn- ten als provokant aufgenommen werden. So sind z.B. Nacktheit und Kiffen wiederkehrende Themen in ihren Entwürfen. Vor allem im Bezug aufs Kiffen möchte sie etwas mehr gesellschaftliche Akzeptanz erreichen. Sie will es nicht glorifizieren und betrachtet es durchaus kritisch. Jedoch ist es ihr wichtig zu zeigen, dass man kiffen, gleichzeitig studieren und sein Leben gut strukturieren kann. Sie selbst sei das beste Beispiel dafür sagt sie schulter- zuckend und mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Es wäre besser, wenn ich meine Person mehr vermarkten würde, aber damit habe ich ein Problem.“ Die größte Plattform, um für ihre Kleidung zu werben, ist für sie Instagram. Dort hat sie mitt- lerweile schon über 1000 Follower. Vor allem die potenzielle, internationale Reichweite, die man über Instagram haben kann, findet sie toll. Auch in dem Austausch mit anderen Künstlern über die Social Media Plattform, sieht sie einen großen Vorteil. Man könne Gleichgesinnten folgen, mit ihnen ins Gespräch kommen und sich Tipps und Inspiration von ihnen holen. Der ständige Druck etwas zu posten kann für sie ab und zu auch sehr stressig sein. Wenn sie allerdings merkt, dass ihr der Druck zu groß wird, erlaubt sie sich auch mal eine Auszeit. „Dann blockiere ich auch manch- mal und poste drei Tage nichts, dann ist der Algorithmus allerdings wieder hinüber.“ Um mithilfe von Instagram nachhaltiger für sich zu werben, müsse man sowohl täglich aktiv sein als auch viel Geld investieren. Allerdings bevorzugt sie es, ihr Geld für Materielles auszuge- ben. „Ich denke mir immer, wenn ich was aus- gebe, dann für neue T-Shirts oder für Farbe, ir- gendwas das ich auch brauchen kann – ich bin da eher so der handfeste Typ.“ Dementsprechend investiert sie keine großen Summen in Immaterielles. Auch Sticker sind für sie eine Investition und vor allem effiziente Werbung. In jedes Päckchen mit ihren Produkten welches sie verschickt, legt sie ein paar Sticker mit ihrem Logo hinein. So verbreitet sich ihr Name auch in vielen anderen Städten. Mittlerweile verkaufen sich ihre Produkte über ganz Deutschland verteilt. Im Vergleich zu 2019 konnte Julius Maximus® 2020 eine deutliche Verkaufssteigerung verzeichnen. Die beste Werbung von Julias Unternehmen bleibt jedoch Mundpropaganda. Das passt auch zu ihren Vorstellungen, denn sie will nicht, dass sich ihre Produkte durch ausgefeilte Marketingstrategien verkaufen. Sie will, dass ihre Produkte für sich selbst sprechen.


Verfasser/in: Kim Bruder im Rahmen eines Uni-Projekts

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